30. September 2014

Wer oder was bin ich? - Teil 2

Lesezeit: ca. 3 Minuten

Im ersten Teil habe ich berichtet, wie ein Ereignis mein Selbstbildnis in den Grundpfeilern erschütterte. Ich mich hilfesuchend auf einer Internetseite registrierte. Nun möchte ich Euch erzählen wie es mit mir weiterging:

Da stand ich nun, in der Mitte meines Lebens wusste nicht wirklich weiter. Ich war emotional sonst wo. Mal zu Tode betrübt, dann wieder doch gut drauf, da ich endlich Begriff, was mit mir mein Leben lang los war. Dennoch schmerzte es dieses Wissen erst so spät zu erlangen. Ich kaufte mir weitere Kleidungsteile beim Lidl – Rock, Strumpfhosen, Unterwäsche, u.v.m. – Jedes Teil was ich mir kaufte machte mich für den Moment ein Stück glücklicher. Zu Hause wurde natürlich immer gleich alles anprobiert. Es passte und es stand mir, es stand und steht mir wirklich. Bis auf den oberen Körperteil Haare, Gesicht und Oberweite. Dachte ich, hey Du könntest eine tolle Frau sein. Ich konnte mich endlich im Spiegel betrachten ohne mich innerlich abzulehnen. Emotionen pur. Es war dabei keinerlei sexuelles Verlangen vorhanden, es fühlte sich einfach nur großartig an.

Seit dem Flashback hatte ich so oder so seltsamerweise überhaupt keine Lust mehr auf Sex, nicht mal mit mir selbst. Erklären wieso kann ich es nicht. Ich vermute einfach, dass ich im Kopf einfach zu sehr mit mir beschäftigt bin/war. Ich beschloss endlich mehr auf meinen Körper zu achten und begann mich selbst auf Diät zu setzen, schließlich weiß ich endlich wofür!

Eine Sache stand aber immer noch im Raum – Was oder Wer bin ich nun wirklich ? Die Antwort auf diese Frage viel mir schwer. Tief in mir wusste ich es, ich wollte es aber noch immer nicht wahr haben. Zu diesem Zeitpunkt hätte ich wohl Crossdresser geantwortet.

Ich lernte in einem Chat jemanden kennen, der es ähnlich wie mir geht. Wir unterhielten uns und sie stellte mir eine Frage die vielleicht der letzte Schubs in die Richtung war. “Wenn Du Morgen aufwachst und Du eine Frau sein könntest – würdest Du es sein wollen? Auch wenn es kein zurück gibt” – So in etwa war die Frage (etwas von mir überzogen, aber es trifft den Kern). Ich brauchte nicht lange zu überlegen und konnte die Frage mit einem klaren “Ja” beantworten. Damit war die Sachlage eigentlich klar. Dennoch dauerte es noch ein paar Tage.

Ich hatte mich mittlerweile an die seelischen auf und ab’s mehr oder weniger gewöhnt. Auch dass ich hin und wieder einfach hätte losheulen können. Egal an welchen Ort. Dann kam ein ganz besonderer Tag. Ich wachte nach einer der vielen Nächte mit wenig Schlaf auf und das Erste was mir durch den Kopf schoss war: Ich bin trans, war es immer und werde es immer sein. Und das Beste dieses Wissen fühlte sich gut an, richtig gut. Ich würde sagen Glücksgefühle nach einer Endorphine-Ausschüttung treffen es ziemlich genau. Gut gelaunt stand ich auf und war mit mir und der Welt zufrieden.

Doch wie soll es anders sein ? Tatsache die mir dann wieder bewusst wurde. Du bist dennoch in dem männlichen Körper gefangen. Dein Umfeld erwartet von Dir dass Du ein Mann bist, Deine Partnerin weiß auch von nichts. Du hockst ganz schön in der Tinte. Da war für mich klar, ich brauche professionelle Unterstützung. Sei es über einen Therapeuten oder eine Selbsthilfegruppe. Ich bin gespannt, wann ich den Mut habe hinzugehen.

Für’s Erste werde ich weiter abnehmen, mir die Haare wachsen lassen, Ohrlöcher stechen lassen – Irgendwann den Bart abrasieren und das Ganze langsam angehen. Mir und den Anderen die Chance geben sich langsam durch kleine Veränderungen daran zu gewöhnen.

In diesem Sinn an alle die das hier lesen und noch nicht so weit sind: Wenn Ihr trans, crosdresser oder sonst was seid, steht dazu – macht nicht den Fehler den ich begangen habe. Ihr habt nur ein Leben und nur eine Chance das Beste für Euch daraus zu machen.

Stichworte: Erwachen Frau im Mann Ich und die Selbsthilfegruppe Lebenslüge

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