4. April 2016

Ein Jahr Psychotherapie

Lesezeit: ca. 5 Minuten

Transition

Hallo Ihr Lieben,

ich finde es wird Zeit um einen kleinen Rückblick zu machen. Ein Rückblick auf ein Jahr Psychotherapie und was sich seit dem so alles bei mir verändert hat. Klar könntet Ihr jetzt denken: “Kennen wir doch alles schon und haben wir tausend mal schon gelesen/gehört” – Vor allem wenn Ihr meinem Blog verfolgt habt. Aber ich denke es ist eben auch nicht verkehrt einfach alles nochmal mit etwas Abstand im Nachgang zu betrachten und das möchte ich nun machen. Viel Spaß !!


Im Dezember 2014 nahm ich allen Mut zusammen und habe bei einer Psychotherapeutin hier in Ansbach angerufen. Ich wollte endlich weiter kommen und dachte mir, dass es mit professioneller Hilfe ganz sicher nicht verkehrt ist. Also war der logische Schritt (nicht zuletzt durch den Rate meiner Partnerin) den nächsten Schritt zu gehen. Das man eh eine nachgewiesen Therapie über 18 Monate für die Krankenkasse braucht, wusste ich zu dem Zeitpunkt allerdings nicht. Aber zurück zum Eigentlichen.

Ich rief dort an und wurde erst einmal vertröstet auf den April 2015. *schluck* So  lang !!! Das waren zu dem Zeitpunkt über vier Monate Wartezeit. Dennoch lies ich mich auf die Warteliste setzen und hoffte, dass die Zeit schnell vergeht. Aus Frust bzw. sogar etwas freche Berechnung rief ich dann gleich bei der Endokrinologie an und lies mir einen Termin für den Mai geben. Ja, dass war auch der erst mögliche Termin und eine Garantie, dass ich dann bereits die Freigabe der Psychotherapeutin für die HET/HRT habe in weiter Ferne. Dennoch, ein Kontrolltermin (Voruntersuchung) kann ja auch nicht schaden. Mein Gott war ich naiv – aber es hat ja dann irgendwie doch alles gepasst!

Die Tage / Wochen / Monate bis zum Erstgespräch krochen von Tag zu Tag immer langsamer, bzw. meine Ungeduld wurde größer und größer. Ich glaube zum Schluss hätte ich die Decke hoch gehen oder die Tapeten von den Wänden reißen können. Ich wollte das es endlich weiter geht! Schließlich war ich innerhalb dieser 4 1/2 Monaten bereits (bis auf Kunden)  komplett geoutet. Lebte quasi ab dem 01.01.2015 nur noch als Frau. Hihi, mein erster Neujahresvorsatz den ich auch wirklich durchgehalten habe. Klar gab es noch geschäftliche Termine bei denen es nicht mehr anders ging, aber die konnte ich an einer Hand abzählen. Ich brannte also daruf, dass ich irgendwie von der Stelle kam.

Und dann kam er, der Tag – der den endgültigen Startschuss ins “Neue”- Leben bringen sollte. Wer mich kennt weiß, dass ich an dem Tag wie immer sowas von nervös war. Gedanken hier, Gedanken da: “Was ist, wenn die Therapeutin mir nicht sympathisch ist”, “Was, wenn irgendetwas schief läuft”, usw. usw. Und ? Was war ? Ein kurzes klärendes Gespräch, wer ich bin, was ich will und wie es mir geht. Ein kurzes gegenseitiges abklopfen. Erstens ob sie mit mir arbeiten möchte und ob ich ihr vertraue mich auf dem Weg zu begleiten. Da es offensichtlich passte, und wir sogar die ein oder andere Floskel austauschen konnten. Machten wir dann den nächsten Termin für eine regelmäßige Therapie aus.

Na ja, so weit so gut. So wäre es normal.. dabei blieb es aber nicht. Es kam der Moment an dem mir innerlich die sogenannte Kinnladen runtergefallen ist. Sie war von mir und meinem bisherigen Weg so überzeugt, dass sie mir direkt eine Überweisung (ohne das ich sie darauf angesprochen habe) an die Endokrinologie ausstellte mit F64.0 G – also den Vermerk den sich jede trans Person wünscht, wenn sie sich in Therapie begibt. Für die die nicht wissen was dieses Zeichen bedeutet. F64.0 steht für ein “Krankheitsbild” – in diesem Fall trans und das “G” für gesichert. Mit anderen Worten sie geht zu 100% davon aus, dass ich trans bin. Eine riesige Bestätigung für mich, dachte ich doch vorher immer wieder mal ich bilde mir dass nur ein und mir glaubt doch sowieso niemand – und nun dass WOW!!! Ich war über glücklich und ja, ich hatte ja schon bald einen Termin in der Endokrinologie.

Fragt mich übrigens nicht, wie ich sie überzeugt habe. Das äußerliche war es vermutlich nur teilweise .. Ich hab erst Bilder gesehen, die kurz vorher aufgenommen  sind. Echt gruselig. Für mich war es damals total okay – sogar mehr als dass und heute ? Oh mein Gott, was hab ich meinem Umfeld zugemutet!!! Aber ich glaube von da an blühte ich dann erst richtig auf. Ich vermute im nachhinein, dass mir der Schritt zur Therapeutin einfach nur gut tat.

Klar, ich bin halt keine großer Problemfall und wir besprechen auch nicht wirklich schlimme Dinge. Unsere Termine die von da an jedes Quartal einmal statt fanden, drehten sich eher um “belangloses” – Wie es mir geht, was bei mir passiert ist und was ich gedenke zu tun. Aber kein aufbereiten der wirklich negativen Erlebnisse in der Kindheit oder vergleichbares. Für mich positiv, für andere vielleicht der beste Weg sich mit der Vergangenheit zu versöhnen. Na ja und wir redeten halt viel über die weiteren Schritte … die mögliche Geschlechtsangleichende Operation, etc.

Wobei viele Denken nun, trans* ohne GaOp sein geht nicht … ganz am Anfang dachte ich auch, ich kann ohne Operation leben… doch je mehr Zeit vergeht und je mehr ich in meinem Leben ankomme umso mehr spüre ich es. Wie es mich belastet dass es da unten noch so ist wie es ist. D.h. ich freue mich so unendlich auf den Moment wo ich in den Spiegel sehen kann und es ist nichts mehr da. Nein, meine Probleme werden nicht weg sein… die werden immer da sein und ich muss sie selber lösen. Aber, das Bild von mir im Spiegel und das Körpergefühl wird endlich stimmen.

Dank der Hormonersatztherapie die ich im Juli 2015 beginnen durfte hat sich so viel verändert. Meine Gedankenwelt zum Einen und zum Anderen, sehe ich wenn ich in den Spiegelbild keinen Mann mehr .. ich sehe mich eine “junge” Frau in den besten Jahren – Okay, mit etwas markanteren Gesichtzügen als normal aber eben eine Frau. Und das ist so unendlich viel schöner. Ich geh mittlerweile häufiger einfach nur am Spiegel vorbei um zu schauen ob ich noch da bin und freue mich, dass es so ist. Keine Chance das ich wieder gehe. Die Maske die ich fast 40 Jahre lang getragen habe ist beerdigt. Die guten Dinge habe ich behalten und das die letzten Selbstzweifel verschwinden darum kämpfe ich .. gemeinsam mit meiner Therapeutin. Ich bin dankbar, dass es sie gibt.  Gerade in den Augenblicken in denen ich denke, dass mein Passing so schlecht ist und mich alle anstarren.

Viel haben wir / ich geschafft – noch so einiges liegt vor mir. Die laufende Vornamens- und Personenstandsänderung ist nur ein großer wichtiger Schritt von vielen. Ich werde es schaffen, genauso wie die GaOp – auch wenn es alles noch so weit weg ist und ich teilweise deswegen traurig bin. Aber Hey .. ich bin ich.. ich bin Blackwitch !! Niemand sonst … mit oder ohne Operation. Wer will es mir noch streitig machen ? Hallo Welt hier bin ich – Mit diesem Lied habe ich es nach meiner ersten Therapiesitzung in die Welt hinaus geschrien und ich tue es immer wieder. Aus dem Film “Die Eiskönigin – Lass jetzt los” – Hier bin ich in dem hellen Licht …

Ganz liebe Grüße
Blackwitch

p.s. Anbei ein Bild meiner Entwicklung. Wie gefällt Euch mein Passing ? Meine Veränderung ? Lasst Doch einen Kommentar da und sagt mir Eure Meinung. Ich würde mich freuen.

 

Transition von 2014 - 2016

Stichworte: Mann-zu-Frau MtF MzF Psychotherapie Transfrau Transsexual Transsexualität Transsexuelle

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